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Beitrag vom 25.01.2018
ANNE CLARK – I´LL WALK OUT INTO TOMORROW. Das filmische Portrait der Ausnahmekünstlerin Anne Clark startet am 25. Januar 2018 im Kino
Sharon Adler
Regisseur Claus Withopf begleitete Anne Clark fast ein Jahrzehnt lang und porträtiert in seiner Langzeit-Doku die gesellschaftskritische und authentische Musikerin und Poetin. Entstanden ist eine hörbare filmische Landschaft in großartigen Bildern und Texten über die undogmatische Rebellin und Rilke-Verehrerin, für die Schreiben, Kreativität und damals wie heute der Blick auf eine ungerechte soziale Realität an erster Stelle steht.
"I am writing all the time. I am a constant observer"
Anne Clark wird im Mai 1960 in Croydon, im Süden Londons geboren. Nachdem sie mit 16 Jahren die Schule und ihr von Gewalt geprägtes Elternhaus verlässt, nimmt sie eine Reihe verschiedener Jobs an. Clark wird Pflegeassistentin in einem psychiatrischen Krankenhaus, dem Cane Hill Hospital, arbeitet bei "Bonaparte Records" und schließlich in einem lokalen Independent Plattenladen. Initialzündung für ihre Liebe zur Musik und dem Blick auf eine musikalisch wie gesellschaftliche Revolution war eine TV-Sendung über die Sex Pistols. Vor der Kamera erzählt sie rückblickend, was dieser Auftritt bei ihr selbst und anderen jungen Menschen ausgelöst hat: ""Ich habe erkannt, dass es eine andere Art von Kreativität gibt"
Als sie, die ursprünglich Schauspielerin werden wollte, als Administratorin am "Warehouse Theater" anfängt, beginnt sie selbst mit Musik zu experimentieren. 1981 folgt das Debüt der Londonerin – zuerst auf der Bühne im Vorprogramm von "Depeche Mode", dann mit dem Album "The Sitting Room". Der große Durchbruch gelingt der Künstlerin jedoch erst vier Jahre später, denn ihr Erstling findet vor allem in Indiekreisen Anklang. Mit "Changing Places" sichert sich Clark 1985 endgültig einen Platz in Londons Musikszene.
"We had so much money" wundert sie sich noch heute, und spricht gleichzeitig über den Betrug des Managers, der ihr von der Plattenfirma (Virgin) empfohlen worden war. Während der Tour verschwand er mit den Einnahmen, Anne Clark blieb auf den Ausgaben sitzen. Mehr noch, die Knebelverträge der Plattenfirma, deren fehlender Support bis hin zur Drohung, sie würde niemals mehr auftreten, sollte sie klagen, sorgten dafür, dass Anne Clark sich zutiefst enttäuscht aus dem Musikbusiness zurückzog. Bitterkeit ist nicht zu spüren, wenn sie über diese schwierige Zeit erzählt, vielmehr prangert sie die Ausbeutung und die kommerziellen Interessen in der Musikindustrie an. Streitbar wie eh und je kritisiert die Künstlerin in der Doku wie auch in ihrem 2003 erschienenen Buch "Anne Clark: Notes taken, traces left" das Establishment.
"Ich ging nach Norwegen, weit, weit weg in der unberührten Natur begann ich ein neues Kapitel. Lebte."
Vor der Kamera teilt sie unprätentiös und dabei klug und tief ihre Erkenntnisse zu persönlichen und persönlichsten Themen wie die physische und psychische Gewalt in ihrer Familie, den Verlust der Mutter, und ihre Annäherung an Sprache und Lyrik. Die begnadete Künstlerin ist Freigeist und Perfektionistin gleichermaßen: Ihre Reflektionen über ihren Schreibprozess zeigen eine Lyrikerin, die sich der Herausforderung vom Zusammenspiel von Präzision und Kreativität stellt. Sicht- und hörbar wird eine gereifte Anne Clark, die sich und ihrer Kunst, ihren Grundsätzen stets treu geblieben ist.
Anne Clark ist die Pionierin der Spoken Word-Kunst, die einen unvergleichlichen Kosmos aus berührender Poesie und fesselnder Musik geschaffen hat und dabei Generationen von Musiker*innen inspirierte, bewegt die sich damals wie heute jenseits des kommerziellen Mainstreams auf ihrer eigenen Tonspur. Mit existentiellen Lyrics, reiner Poesie und akustischen Experimenten schuf Anne Clark ein Repertoire feinster elektronischer Musik. Nicht nur sich selbst, sondern auch ihr Publikum stellte sie unermüdlich und mutig vor neue Herausforderungen, denn Anne Clark experimentierte und wechselte virtuos über die Jahre zwischen ihren Stilen, eine Freiheit, die in ihrer Offenheit begründet liegt. Ebenso offen spricht sie in "ANNE CLARK – I´LL WALK OUT INTO TOMORROW" über ihre Sexualität: "I am open to all genders. What can be wrong with 2 people loving each other, no matter if it´s 2 women, or 2 men?"
Regisseur Claus Withopf begleitete Anne Clark fast ein Jahrzehnt lang. In "ANNE CLARK – I´LL WALK OUT INTO TOMORROW" porträtiert er in einem eigenen filmischen Kunstwerk aus Footage, Überblendungen und Animationen die britische Ausnahmekünstlerin Anne Clark, eine einzigartige Künstlerin, der nach ihrem selbstgewählten Ausstieg aus der Musikbranche endlich die große Leinwand gebührt.
Anne Clark selbst plant nun als nächstes, aus einem eigenen Kinderbuch einen Animationsfilm zu produzieren.
AVIVA-Tipp: "ANNE CLARK – I´LL WALK OUT INTO TOMORROW" ist um sovieles mehr als nur ein reines Biopic. Die Langzeit-Doku ist ein künstlerisches filmisches Zeitdokument über eine ganz besondere Frau und Künstlerin.
Anne Clark, die in den 1980er Jahren als "Darkness-Fee" gefeiert wurde, ist heute die Königin des Lichts. Ihre wunderschöne Poesie ist ebenso klug wie ergreifend und ihre politischen Statements und Überzeugungen lassen die Zuschauerin bewegt und bestärkt zurück.
Unbedingt sehenswert.
ANNE CLARK – I´LL WALK OUT INTO TOMORROW
Ein Film von Claus Withopf mit Anne Clark
Dokumentarfilm, Deutschland 2017
81 Minuten
Kinostart: 25.01.2018
Verleih: Neue Visionen Filmverleih
Bundesweiter Kinostart: 25. Januar 2018
Mehr Infos zur Premierentour, zum Film und Trailer:
www.facebook.com/anneclarkfilm
Weitere Infos zu Anne Clark unter:
www.anneclark.de und www.facebook.com/anne.clark.music
Weiterhören auf AVIVA-Berlin:
Anne Clark - The Very Best Of
Verträumt sind die Melodien der Londonerin gewiss nicht, doch mit ihrem ungewöhnlichen Mix aus Elektro und Sprechgesang entführt sie die HörerInnen in eine musikalische Traumwelt, der frau sich nur schwer entziehen kann. (2011)
Anne Clark - Live
Während ihrer Tour 2008-2009 wurde die britische Grande Dame der Independent History bei einem ausverkauften Konzert im Frankfurter Hof in Mainz mit neun HD-Kameras gefilmt. In den 1980er Jahren trat Anne Clark als Darkness-Fee ans Licht der Öffentlichkeit. (2009)